Keine Sorge: Das wird kein reiner Football-Beitrag, auch wenn es um den Head-Coach der Los Angeles Rams geht, der gestern mit seinem Team den Einzug in den 53. SuperBowl geschafft hat.
Als Sean McVay vor ziemlich genau zwei Jahren sein Amt bei den Los Angeles Rams antrat, war er der jüngste NFL-Headcoach aller Zeiten. Ich lehne mich jetzt mal ganz weit aus de Fenster und behaupte: Sean McVay hat das Zeug, der beste Headcoach aller Zeiten zu werden – und zwar Sportart-übergreifend!
Warum glaube ich das? Nicht nur, weil er mit dem Einzug in den SuperBowl Unglaubliches geschafft hat. Sondern vor allem, weil er etwas Magisches in dieses Team gebracht hat. Ich konnte mir die Los Angeles Rams im Dezember live im Stadion anschauen, und die Art und Weise, wie Sean McVay diese völlig unterschiedlichen Menschen (eine Besonderheit im American Football) anspricht, motiviert, eint, kurzum: wie er ihnen „Team-Spirit“ einhaucht – so etwas habe ich bislang noch bei keinem Headcoach erlebt. In keiner Sportart! (Und ich habe als Mentalcoach wirklich schon mit vielen Trainern zu tun gehabt.) Diese Ruhe… nein, Ruhe trifft es nicht… Diese Gelassenheit, die Sean McVay ausstrahlt, wenn er dort am Seitenrand steht, immer im richtigen Augenblick dem einen einen anerkennenden Klaps verpasst, dem anderen einen aufmunternden, beruhigenden oder lobenden Blick zuwirft und genau weiß, wann er seinen Quarterback an den Spielfeldrand beordern sollte und wann ein kurzer Augenkontakt über 20 Meter und eine Absprache über Funk reicht. Das alles macht Sean McVay für mich zum Inbegriff des perfekten Trainers.
Sicherlich gibt es in allen Sportarten tolle Trainer. Wer mich kennt, weiß, dass ich auch ein riesiger Jürgen-Klopp-Verehrer bin (warum? Dazu vielleicht irgendwann mal ein Extra-Beitrag). Aber ob Jürgen Klopp diese Magie verbreiten könnte? Ich weiß es nicht. Von Sean McVay – weiß ich es.
Und jetzt kommt der Part, warum dieser Beitrag kein Football-Beitrag ist: Weil wir solche Typen mit derartigen Stärken nicht nur im Sport, sondern überall in der Gesellschaft brauchen. In der Wirtschaft (Führungskräfte), in der Familie (Eltern), in der Politik (da gibt es diesbezüglich aktuell die größten Defizite, wenn Ihr mich fragt). Natürliche Autoritäten. Nicht kraft ihres Amtes, sondern kraft ihres Charismas. Menschen, die andere inspirieren können. Denn etymologisch betrachtet, heißt Inspiration nichts anderes als „Geist einhauchen“. Echte Head-Coaches, vor allem: echte Coaches. Menschen, die andere dazu bringen, die richtigen Lösungen in sich selbst zu finden, ohne ihnen die eigene Meinung zwangsweise aufzuzwingen.
Die große Frage wird sein: Wie können wir solche „Head-Coaches“ entwickeln? Ich habe da keine Patentlösung. Wenn ich ehrlich bin: Ich habe noch nicht einmal eine Lösung. Aber vielleicht einen ersten Ansatz: Vielleicht sollten wir unsere Spiegel-Neuronen tanzen lassen und beim SuperBowl in zwei Wochen – und das gilt auch für Nicht-Football-Fans – mal ganz genau auf Sean McVay achten. Vielleicht überträgt sich sein „Spirit“ ja auch auf uns…?
In diesem Sinne – bleibt Gewinner ✌
H.